News-Meldung

des LandesSportBundes Niedersachsen

- Diskussion mit Lemke

Was kann der Lüneburger Fußball für Flüchtlinge leisten – und umgekehrt? Das wurde bei der Fußball-Debatte beim VfL Lüneburg diskutiert.

Wie kann der Fußball eine Kultur des Ankommens anstoßen? Dass der Sport Menschen unterschiedlicher Herkunft wunderbar miteinander verbinden kann, das dürfte niemand bestreiten.

Dass die Vereine aber bei der Integration zum Beispiel von Flüchtlingen und anderen Menschen mit Migrationshintergrund vor diverse Probleme gestellt werden, ist auch keine neue Erkenntnis. Lösungen sind gefragt - und da bot Willi Lemke bei einer Fußball-Debatte auf dem Sportplatz des VfL Lüneburg einige Ansätze.

Lemke, einst Werder-Manager und Bremer Innensenator, jetzt Sonderberater des UN Generalsekretärs für Sport im Dienste von Frieden und Entwicklung, kann mit seinen fast 70 Jahren immer noch mitreißend für seine Sache werben - das bewies er auch in Lüneburg. Das hier ist das Paradies im Vergleich mit über 100 Ländern auf dieser Erde, aus denen die Menschen zu uns kommen“, stellte Lemke entschieden fest.

Im Auftrag der Vereinten Nationen will er die Not in diesen Ländern lindem helfen, „damit irgendwann nicht mehr so viele ihre Heimat verlassen müssen“. Eindruck hinterließ vor allem sein Bericht von einer 14-jährigen Basketballerin in Zimbabwe, die für ihre Trainertätigkeit eine halbe Flasche Mineralwasser und zwei Bustickets bekommt. Lemke tut inzwischen alles dafür, dass ihr und ihren elf Teamkameradinnen ein Schulbesuch ermöglicht wird.

Der Lüneburger Fußball hat auch seine Probleme, die vor allem die Vereinsvorsitzenden Jens Niemann (FC Dynamo) und Ralf Pagels (LSV) beschrieben. „Wir haben von Beginn an signalisiert, dass wir offen sind - auch für Flüchtlinge. Die Spieler kümmern sich um sie, bringen auch Sachen mit“, erzählte Niemann. Doch einfach gemacht wird es dem Club nicht, vor allem vergeht oft eine Ewigkeit, bis die Spielgenehmigungen vorliegen.

„In unserer Ersten Herren haben 80 Prozent einen Migrationshintergrund, keiner hat Abitur. Wenn einer mal eine Lehre abschließt, dann feiern wir das schon“, schilderte Pagels die Situation bei der LSV. Und: „Wir wollen unseren Verein bunt halten. Aber Einheimische stoßen kaum noch zu uns.“ Zudem beklagte er, dass die Bereitschaft, sich zu engagieren, allgemein sinkt: „Wir finden kaum noch Jugendtrainer.“

Amin Aslan ist einerseits ein gelungenes Beispiel für Integration - der Afghane kam vor zwei Jahren nach Lüneburg, kickt seitdem für Dynamo, kann mittlerweile fließend Deutsch. Andererseits gab er aber auch zu bedenken: „Eigentlich müssten mehr Vereine etwas tun und Flüchtlinge aufnehmen.

Die können nicht alle bei Dynamo spielen.“ Ein großes Lob für Vereine wie Dynamo oder LSV gab es von Jantje Halberstadt, Professorin an der Leuphana, die aber auch in Erinnerung rief, dass nicht nur Männer Fußball lieben: „Mädchen würden auch gern spielen. Aber deren Eltern sagen, dass das nicht geht.“ Lemkes Antwort:

„Emanzipier dich, würde ich den Mädchen sagen. Sprich mit deinem Vater und deinen Brüdern. Im Koran steht garantiert nirgendwo, dass Frauen nicht Fußball spielen dürfen.“ Ob die EM einen Beitrag zur Integration von Flüchtlingen leisten kann, darüber gingen die Meinungen auseinander. „Solche Spiele bringen Menschen unterschiedlicher Kulturen zusammen.

Sie jubeln gemeinsam, dadurch entwickeln sich vielleicht neue Freundschaften“, hoffte Lemke. Er bot einige pragmatische Lösungsansätze an. Wenn Vereine etwa über die hohen Fixkosten stöhnen, andererseits offen sein wollen für Menschen aus anderen Ländern, dann rät er einem wie Amin Aslan: „Schaut, wie ihr euch einbringen könnt, zum Beispiel bei der Platzpflege.“ Einig waren sich alle, wie wichtig Sprachkenntnisse und Bildung sind. Schade nur, dass zwar viele Studierende vor Ort waren, aber so wenige Vereinsvertreter den Weg an die Sülzwiesen gefunden hatten.

Denn die Fragen, die Lemke & Co. zu beantworten versuchten, werden den Lüneburger Fußball sicher noch viele Jahre beschäftigen.

Quelle: LZ – Foto: KSB: Von links: LZ-Chefredakteur und Moderator Christoph Steiner, Amin Aslan, Ralf Pagel, Willi Lemke, Jens Niemann und Professorin Jantje Halberstadt

KSB-Pressemitteilung 7_6_2016